WordPress ist das schlanke schnelle Drupal. Für mehr als 3 Jahre habe ich jetzt bereits aktiv mit Drupal gearbeitet. Ich habe einige sehr schlechte Sachen programmiert aber auch ein paar sehr gute. Ich würde meinen, ich kenne Drupal. Da ich mich jetzt jedoch aus der Entwicklerszene zurückgezogen habe, wollte ich ein Blogging System, welches einfach ist und einfach nur bloggt und nicht viel Wartung brauch. WordPress. Hoffentlich.
Gehostete Lösung
Einfachste Möglichkeit ein Blog zu betreiben ist, wenn man es hosten lässt. Ich habe auch einige Dienste angeschaut, darunter Blogger (von Google), Drupal Gardens (von Acquia) und WordPress. Blogger gefällt mir einfach per se nicht. Drupal Gardens ist eigentlich sehr hübsch und gefällt mir sehr gut, ist jedoch sehr langsam im Backend. Ich glaube die Jungs arbeiten dran. Es war einfach irgendwie nicht wirklich spassig damit zu arbeiten. WordPress.com hat mir ausgezeichnet gefallen, aber die haben komische Bedingungen bezüglich Werbung. So habe ich mich entschlossen WordPress selber zu hosten.
Vorteile von WordPress
- WordPress sieht extrem hübsch aus
- Es gibt eine enorme Auswahl an ansprechenden Themes für WordPress. Sorry, aber da kann Drupal echt nicht mithalten
- Stellt man WordPress und Drupal auf eine Waage, dann spielt WordPress in der Fliegengewichtsklasse wären Drupal im Schwergewicht ist (WordPress hat nach der Grundinstallation 12 Tabellen in der DB, Drupal 55)
- WordPress hat alles, was man zum Bloggen braucht einfach so eingestellt: Kategorien, Tags, Autosave, zeitgesteuertes Publizieren, hübsches Dashboard, Spam Schutz, hübsche Themes, sehr netter wysiwyg Editor. Ohne noch zusätzlich was zu installieren.
- Es gibt sogar eine Android App für WordPress, wo man bequem Posts schreiben und bearbeiten kann
Sind doch einige Lorbeeren für WordPress. Das ist wohl auch der Grund, warum WordPress so beliebt ist. Jeder kann Bloggen. Was leider bei Drupal out of the box nicht ganz der Fall ist. WordPress hat aber auch einige Macken:
Macken von WordPress
- Plugin Stabilität und Konsistenz. Sorry, aber ich habe einige Plugins installiert, welche einfach eine weisse Seite produziert haben. Und dann gibt es überall in den Modulkonfigurationsseiten diese "PayPal Donate" Knöpfe… nervig.
- Plugins und Themes sind überall verstreut. Ist irgendwie auch nicht immer sehr vertrauenserweckend, etwas von irgend einer Seite runterzuladen und zu installieren.
- Der Code. Da erschaudere ich. Die Theme Templates erinnern mich an meine schlechten Drupal Themes. Als Designer darf man PHP Code nicht scheuen
- Strikte Trennung von Design und Logik wird mit Füssen getreten. Mein aktuelles Theme hat einige sehr coole Funktionen, welche jedoch ans Theme gebunden sind. So gibt es Themes, welche sich um SEO kümmern, welche bestimme vorgefertige Blöcke mitbringen und sonst noch alles Mögliche im Hintergrund machen… was wiederum eine Stärke ist, weil es erlaubt, schönere Themes zu machen.
Drupal Power
Drupal ist ein extrem mächtiges Framework:
- Super Community. Module sind fast ausschliesslich über Drupal.org erhältlich. Werbung in den Modulen ist eigentlich Tabu. Entwicklungsworkflow ist standardisiert und mit Simpletest sind auch Leitplanken für die Qualitätskontrolle gegeben.
- Extrem flexibel. Das Hook System mag zwar einschüchternd klingen, ist aber ultra flexibel. Hacken von Code wird dadurch ausgeschlossen… fast ;). Module wie CCK und Views verschaffen zusätzliche Flexibilität.
- Theme Layer mit Preprocess Funktionen ist sehr transparent und ermöglicht klare und saubere Templatedateien.
- Grosse Anzahl an qualitativ hochwertigen Modulen. Es gibt immer wieder neue innovative Ideen, welche in einem Modul resultieren
Die dunkle Seite von Drupal
- Out of the Box gibt es nur sehr wenig und sehr hässlich, obwohl dies mit entsprechenden Profilen vermehrt auch möglich ist und hoffentlich mit Drupal 8 noch verbessert wird. Mit OpenAtrium, OpenPublish und ManagingNews gibt es einige extrem gute Produkte. Ich habe ziemlich gestaunt, als ich das erste Mal OpenAtrium installiert habe.
- Themes. Out of the Box wird man kaum ansprechende Themes finden. Es gibt sie, aber sie sind überschaubar
- Komplexität. Bezüglich Ressourcen ist Drupal nicht gerade ein Sparfuchs. In der DB werden ordentlich Tabellen angelegt und auch bezüglich Memoryverbrauch muss man einiges in Kauf nehmen.
Also, WordPress oder Drupal?
Es kommt drauf an. Ich habe mein Blog jetzt hier auf WordPress und bin eigentlich glücklich und habe relativ wenig Zeit investiert und falls ich mal Lust auf ein anderes Theme habe, dann ist das kein Problem, etwas passendes zu finden. Eine "richtige" Seite zu bauen, mit eigenen Ideen und Vorstellungen, wo ich mich nicht an Systemvorgaben halten muss, möchte ich jedoch lieber mit Drupal machen. Der Spassfaktor ist definitiv höher.
"Standing on the Shoulder of Giants". Drupal ist definitiv so ein Riese (Giant). Manchmal ist es jedoch nicht angebracht, und um ein ein Wurmloch zu kriechen auch eher aufwändig, da man zuerst den Bagger auffahren muss.
Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich
Die letzten 3.5 Jahren war ich sehr auf Drupal fokusiert. Zu einem gewissen Grad ist das auch berechtigt, denn um in die Tiefen von Drupal vorzudringen (und gewisser Module, wie CCK und Views) ist Zeit notwendig. Ein Tag hat jedoch lediglich 24 h.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt jedoch, dass es auch andere gute Systeme gibt. Es braucht keine Schwarz/Weiss Brille. Unterschiedliche System können nebeneinander existieren. Ich habe nichts gegen WordPress. Das Gleiche auch mit Betriebssystemen. Während den letzten 1.5 Jahren fand ich, Linux war genau das richtige System als Drupalentwickler. Wenn ich jedoch in Zukunft mehr Office Sachen machen werde, denke ich, ist Windows wohl besser geeignet. Jedes (oder sicher viele) Tools haben ihre Nische.
Also Schluss mit "Wir Drupalianer sind die Besten, die anderen sind nichts", lernen wir voneinander. Nehmen die guten WordPress Sachen in Drupal rein und WordPress wiederum kann sich einiges von Drupal abschauen.