Jeder der schon mal einem 2 jährigen zu Essen geben musste/durfte, weiss, dass dies eine grosse Herausforderung sein kann. Ich durfte dies vor ein paar Tagen wieder mal bei meiner Tochter erfahren. Ich habe aber auch gemerkt, dass Scrumprinzipien bei der Fütterung behilflich sind. Wollen wir doch mal kurz die verschiedenen Prozesse bei der Fütterung analysieren.
Der Wasserfall-Fütterungs-Prozess
Abendessen wird vorbereitet. Die Anforderungen an das Abendessen werden punkto Geschmack und Menge genaustens analysiert. Kartoffelstock mit brauner Sauce, Karotten und Erbsen, ein Rinderbraten und ein grüner Salat verlangt der Kunde.
Der geübte Hausmann verschwindet in der Küche und erscheint 2 Stunden mit einem herrlich duftendem Menu am gedeckten Tisch. Währenddessen haben die jungen Gäste draussen gespielt. Die Anforderungsanalyse hat ergeben wieviel auf die Teller der jungen Gäste muss. Teller wird gefüllt… jetzt gehts ans Essen. Dabei ist genau vorgeschrieben, mit welchem Besteck und welcher Hand gegessen werden muss, damit auch der Tisch und Boden nicht dreckig wird.
Das Fleisch ist schnell weg und auch der Kartoffelstock bleibt nicht lange auf dem Teller. Bei den Karotten, Erbsen und dem Salat ist jedoch urplötzlich der ganze gross angekündigte Hunger verflogen. Nichts geht mehr rein, nicht einmal eine einzelne kleine Erbse.
War die Anforderungsanalyse ungenau? Was hat dem jungen Gast den Appetit verdorben? War die Zubereitungsart falsch? Fragen über Fragen… bei einem 2 jährigen wird man auch nie die Antwort ergründen. Definitiv der falsche Ansatz! Genau das ist jedoch das Wasserfall Modell.
Unser kleiner Kunde ist definitiv nicht zufrieden… und ich als Vater bin auch nicht wirklich glücklich.
Der Scrum-Fütterungs-Prozess
Abendessen vorbereiten. Ziel ist ein zufriedener Kunde. Fangen wir doch schon bei den Anforderungen an und ziehen unseren kleinen Gast mit ein. Er kann in der Küche sitzen zuschauen, mithelfen und zwischendurch mal kostproben. Unser kleiner Gast soll Vorfreude aufs Essen bekommen. Das Wasser soll im Mund laufen.
Alles steht auf dem Tisch. Für die erste "Essensiteration" stellen wir erstmals eine kleine Portion zusammen, die sicher nicht den Bauch füllt, aber wichtige Nahrungsmittel abdeckt. Fleisch und Kartoffelstock werden wie ein Tiger verschlungen, Erbsen, Karotten und Salat bleiben übrig.
Aber halt. Es war ja nur eine kleine Portion. Der Bauch knurrt immer noch. Meistens gewinnt der Hunger die Überhand. Wenn der Teller leer ist, gehts in die nächste Fütterungs Iteration, usw. bis schlussendlich der Bauch voll ist. Zudem, der Kleine ist frei zu wählen, wie er die Portion bewältigen soll. Löffel oder doch lieber die Gabel, oder sogar die Hände?… halt je nachdem, was gerade besser geht. Spass soll sein.
Fazit: Alle sind zufrieden und Kind isst ausgewogen. Auf Papier übertragen würde der Prozess ungefähr wie folgt aussehen:
Komposition von Wikipedia und http2007 – Der Fütterungs-Scrum-Prozess
Lehren für die reale Scrumwelt
Es gibt einige sehr einleuchtende Lehren, welche sich einfach in die reale Scrum Welt übertragen lassen:
- Am Ende vom Sprint MUSS ein leerer Teller bzw. eine lauffähige Software sein. Es leuchtet wohl jedem ein, dass es nicht klappen kann, wenn man mit einem noch halbvollen Teller in die nächste Iteration geht. Gleich in der Scrumwelt. Macht man es trotzdem hat man beim Projektende noch viele losen Enden. Es braucht dann einen Aufräumsprint, was in den meisten Fällen immer ein Zeitverlust ist (und vor allem ausser Budget!). Ich musste das leider bereits bei eigenen Projekten erfahren.
Done heisst: Getestet, Dokumentiert, Integriert! - Product Backlog muss nicht komplett umgesetzt werden. Features sollen nach Wichtigkeit (Beliebtheit/Gesundheit) und unter Einhaltung des Budgets (Hungers) umgesetzt werden.
- Eine kleine tägliche Zwischenmotivation/Reflexion bei jedem Bissen (Tag), kann nicht schaden. Daily Scrum gibt allen eine gute Möglichkeit die Stimmung im Team zu messen. Daher ist es auch gut, wenn zwischendurch mal jemand vom höheren Management dabei ist (falls er am Projekt interessiert ist). Diese Meetings sagen mehr als tausend Reports.
Fazit
Die Scrum-Grundsätze sind sehr einfach zu verstehen. Für die Umsetzung ist jedoch viel Durchsetzungsvermögen und Konsequenz gefordert… halt genau so, wie das Füttern eines Kleinkindes… wers schon mal gemacht hat, der weiss wovon ich schreibe.