Kann eine grosse Firma agile sein?


Wahrscheinlich schon. Nichts ist unmöglich, aber wie?

Für ein Startup bestehend aus drei Personen ist Agilität kein Problem. Ein Einzelunternehmen? Keine Frage, ausser es handelt sich um einen Masochist, der sich gernen komplexen Prozessen unterwirft. Agilität ist per se einfach da. Ein KMU mit 50 Mitarbeitern? Schon schwieriger, aber sicher machbar. Doch wie sieht es mit einem Konzern mit 30’000 oder gar 100’000 Mitarbeitern aus? Überhaupt möglich?

Agile heisst so viel wie: Wendig, lebendig, flink oder beweglich. Eine Fliege ist beweglich. Ein Maus ist flink. Ein Hund kann lebendig sein, aber schon nicht mehr ganz so flink. Und ein Blauwal? Oder ein Elefant? Schon mal einen flinken Elefant gesehen? Eher nicht. Daher nochmals die Frage, kann ein Elefantenunternehmen überhaupt agil sein?

Was ist Agilität? Was es sicher nicht ist: Agil ist weder ein Framework noch eine Methodik. Agile ist weder Scrum noch Kanban noch XP. Agile ist eine Lebenseinstellung, ein Mindset eine Kultur. Eine Kultur, wo das Produkt und der damit generierte Nutzen im Vordergrund steht. Ich verbinde Agilität mit Leidenschaft gegenüber der Arbeit. Agilität setzt viel intrinsische Motivation voraus, Veränderung und Verbesserung voranzutreiben.

Politische Machtkämpfe, Gärtchendenken und Cover-my-Ass Mentalitäten finden keinen Platz in einer wirklich agilen Welt. Gibts einen Konzern, wo das nicht vorhanden ist?

Nehmen wir mal Scrum. Es gibt einen Product Owner, einen Scrum Master und das Team. Es gibt keinen Projektleiter. Dann kommt immer gleich: «Ja aber irgend jemand muss ja Druck ausüben.» «Das Team ist verantwortlich, dann wirds sicher nicht rechtzeitig fertig.» Stimmt genau das ist das Paradigma in vielen Grosskonzernen, doch stimmt halt nur bedingt für Scrum. Diese Tätigkeit übernimmt dann eben der Product Owner.

Organigramm

Um zurück auf meine Frage zu kommen, ob grosse Firmen agile sein können. Keine Ahnung. Dafür müsste es eine Definition von «agile» geben und da gibt es einige, allerdings findet sich eine Gemeinsamkeit:

sind unter anderem moderne Formen der internen Kommunikation – die Verwendung eigener Social Media innerhalb der Firma, die starre Informations- und Abstimmungsstrukturen aufbrechen sollen. [Haufe.de]

Oder auf mbaskool.com

Agile enterprises thrive in non-hierarchical organizations without a single point of control.

Und auf agile-ux.com

Agility is the ability of an organization to create value and to continuously delight the customer, while promoting and responding to change in its environment

zum Schluss noch von Alain Veuve 

Fast moving, flexible and robust firm capable of rapid response to unexpected challenges, events, and opportunities. Built on policies and processes that facilitate speed and change, it aims to achieve continuous competitive advantage in serving its customers. Agile enterprises use diffused authority and flat organizational structure to speed up information flows among different departments, and develop close, trust-based relationships with their customers and suppliers.

Wenn ich es zusammenfassend müsste, dann sprechen wir hier von dezentral autonom agierenden Teams, ähnlich einer Terrorzelle. Ein Guru, welcher die Vision vorgibt und viele die selber schauen, was sie daraus machen. Zentralisierung und Agilisierung, passt daher meiner Meinung nach nicht zusammen. Ohne Zentralisierung gibt es jedoch keine Skaleneffekte und ohne diese Effekte, sind doch gewisse Industrien gar nicht Lebensfähig?

Reine Spekulation und wilde Gedanken. Gerne würden mich Erfahrungen interessieren von Menschen, welche bereits in einem agilen Konzern mit 20’000 Mitarbeitern gearbeitet haben.