Fitnesstracker Vivofit – ein Review ohne technisches Geschwafel


Seit zwei Jahren schmückt ein Fitnesstracker mein Handgelenk. Eine Garmin VivoFit. Höchste Zeit diese zwei Jahre kritisch zu betrachten. Ist ein Fitnesstracker lediglich ein Gadget für technikverrückte grosse Jungs oder hat es tatsächlich einen Einfluss auf mein persönliches Wohlbefinden?

Spielen, Rennen, Schwimmen, Arbeiten, Rasenmähen oder Schlafen. Gründe fürs Ablegen der Uhr gab es keine. Tag und Nacht, Kälte oder Hitze, der Fitnesstracker war mein treuer Begleiter. Die Konstante in meinem Leben. Aufladen ist mit der VivoFit ein Tabu. Sie muss weder täglich noch wöchentlich ans Ladekabel sondern jährlich. Die Duracell unter den Fitnesstrackern. Als ihr nach knapp zwei Jahren die Puste ausging, setzte ich eine neue Batterie ein.

Seit zwei Jahren überwache ich meine Schrittanzahl und meine Schlafdauer permanent. Die Uhr deckt schonungslos Faulenzertage auf, Tage an denen ich knapp an die 2000 Schritte machen. Umso mehr schwelge ich in Eupforie wenn ich die 20’000 oder gar 30’000 Marke knacke.

Lebe ich seither gesünder oder zumindest bewusster? Oder ist es lediglich ein Gerät um die Uhrzeit anzuzeigen?

Warum ein Fitnesstracker

Keine Ahnung wie ich auf die Idee kam, mir so einen Fitnesstracker umzuschnallen. Uhr hatte ich damals keine und Fitnesstracker waren der Hype mit Fitbit als Platzhirsch. Warum also nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Als einigermassen sportbegeisterter Informatiker mit dem Drang zum Ausprobieren war die Entscheidung schnell gefällt. Der nahende Geburtstag schien die perfekte Gelegenheit für ein gesundheitsförderndes Spielzeug.

Ich redete mir ein, durch diese Uhr gesünder zu leben und mehr zu laufen. Die Investition würde sich hundertmal auszahlen. Oder wie heisst es so schön: “Was du nicht misst kannst du nicht managen.”

Warum die Vivofit

Diese Tracker unterschieden sich minimal im Funktionsumfang und hatten alle das gleiche Problem: Die Ausdauer. Selbst mein elektronisches Pedometer von vor 20 Jahren hat länger durchgehalten. Sei es der Klassiker Fitbit oder der andere Platzhirsch Jawbone, sie alle litten an einer Laufzeit von (im Besten Fall) einigen Tagen.

Die Garmin Vivofit, ganze ohne irgendwelche Smart-Sachen.
Die Garmin Vivofit, ganze ohne irgendwelche Smart-Sachen.

In Gedanken malte ich mir mein Nachttisch aus und vor allem das Gesicht meiner Frau: Bekommt neben Handy, Notebook und Tablet auch der Fitnesstracker seine Ladestation? Der Kabelsalat wäre um einen Meter gewachsen, die Steckerleiste von 4 Steckern auf 5 angewachsen. Obwohl wir immer moderner werden und die mobile Revolution vor Jahren eingeläutet wurde, stapeln (oder verknäueln) sich rund um mein Bett und meinen Schreibtisch jährlich mehr Kabel.

Ich wollte eine Uhr, die ich anziehen kann und die ich vorerst nicht mehr abziehen muss, weder zum Duschen noch zum Schlafen. Wie will ich den Schlafzyklus messen, wenn sie Nachts aufgeladen wird? Schliesslich will ich mit meiner Uhr nicht an einer Strominfusion hängen.

Wasserdicht und lange, richtige lange Batterielebenszeit war das wichtigste Kriterium. Damit war die Wahl auch sehr einfach: Garmin Vivofit.

Die Vivofit ist endlich da

Die Freude war riesig (ich freue mich immer über Geschenke mit einem Kabel oder einer Batterie). Umso grösser die erste Enttäuschen: Das Armband ist mangelhaft und würde einen Tag Spielplatz nicht überstehen.

In der Vergangenheit beschwerten sich jedoch viele Nutzer, dass der Verschluss des Armbandes nur einen unzureichenden Schutz gegen das Verlieren bietet. Auch in unserem Test konnten wir diesen Nachteil bestätigen.

Garmin reagierte schnell und beglückte die Kunden mit einer technischen Meisterleistung, dem vivokeeper. Die Revolution, das Tüpfchen auf dem I. Ein kleines Stück Plastik, welches verhindern sollte, dass die Uhr einen ungewollten Absprung macht.

Das ist der sagenumwobene Vivokeeper
Das ist der sagenumwobene Vivokeeper

Leider musste ich dieses Wunderding der Technik manuell nachbestellen, was einige Tage dauert. Sofort anziehen oder warten, das war daher die Frage. Kurzfristige Befriedigung mit dem Risiko alles zu verlieren oder langfristiges Glück zu zweit. Wie ich mich kenne bin ich das Risiko des schnellen Glücks eingegangen. Genau erinnern kann ich mich nicht mehr.

Die ersten Versuche

App installieren, Konto bei Garmin eröffnen und das erste Mal synchronisieren. Wieder eine App mehr, wieder ein Passwort mehr. Mittlerweile habe ich unzählige Konten bei jedem erdenklichen Dienst. Einer mehr oder weniger fällt nicht auf. Die Webseite habe ich bis heute kaum gebraucht.

Die wenigen Konfigurationen sind schnell gemacht. Das ist immer der schöne Teil an neuen Gadgets: Menus durchklicken, Konfigurieren und Einstellen ohne Blick ins Handbuch zu werfen. Dieser Genuss fällt hier weg. Nicht einmal die Zeit oder das Datum muss ich eingeben. Das wird automatisch synchronisiert.

Spannend verfolge ich die ersten Tage. Als Bürogummi sind meine ersten Resultate unspektakulär und gelinde gesagt ernüchternd. Einige tausend Schritte täglich, mehr bringe ich nicht hin. Der rote Balken, der anzeigt, wann ich mich wieder bewegen sollte erscheint und will nicht verschwinden. Die Strecke vom Pult zum Drucker reicht nicht und auch ein Umweg übers WC ist zu kurz, um den Balken zum Verschwinden zu zwingen. So lerne ich bald mit dem Bewegungsdruck der Uhr umzugehen.

Ich erwische mich ein paar Male, wie ich die Hand rhythmisch bewege, um Schritte zu simulieren. Es funktioniert: der rote Balken verschwindet und die Schrittanzahl steigt. Aber dafür habe ich mir doch nicht so eine Uhr gekauft?

Ein Hightlight eines Fitnesstrackers – Wettkampf im Büro

Ein Highlight meines Fitnesstracker Lebens war der Büro Challenge. In Teams à 10 Mitarbeitern versuchten wir möglichst schnell die Welt zu umrunden, sprich 44’000 km zurückzulegen.

Der Fitnesstracker wurde zum Mittelpunkt der Kaffeepause. Es wurde die Möglichkeiten des Bescheissens diskutiert, die unterschiedlichen Fitnesstracker verglichen und vor allem schlechte Performance angeprangert. Die erste Woche des Wettkampfes verbrachte ich im Spital. Schrittmässig war es insofern interessant zu sehen, wie wenig Schritte man an einem Tag machen kann, was nicht besonders förderlich für das Weiterkommen als Team war.

Diese paar Wochen, war aber ehrlich gesagt die einzige Zeit in meiner Fitnesstracker Karriere, wo ich aufgrund der Uhr zusätzlich gelaufen bin: Anstatt das Kickboard zu nehmen, lief ich, den Weg von der Kantine zurück zum Büro war nicht direkt und schon gar nicht mit dem Lift und am Feierabend spazierte ich einfach so eine Runde ums Quartier. Wenn alles nichts nützte, füllte ich abends die restlichen Schritte noch mit dem Laufband auf.

Ja, in diesem konkreten Fall hat mich die Uhr motiviert mehr zu laufen.

Die Ergebnisse aus zwei Jahren Daten

Über die Jahre haben sich ein paar wenn auch nicht sonderlich interessante Muster ergeben:

Reine Bürotage schlagen mit ca. 6000 Schritte zu buche. Homeoffice Tage sind nochmals ein bisschen darunter. Reine Homeoffice Tage sind bei ca. 4000 bis 5000 Schritten.

An einem normalen Bürotag mit einer zusätzlich sportlichen Aktivität (joggen, spielen im Garten usw.) komme ich auf rund 10’000 Schritte (bei langen Joggingrunden auch schon mal auf 15’000 Schritte).

Schönwetterwochenenden, Familienausflüge und Ferien sind immer über 10’000 Schritten; im Schnitt bei ca. 15’000 bis 20’000 Schritte.

Sport machen

Die Vivofit ist immer an. Joggen, Schwimmen und sogar Volleyball geht problemlos. Einzig bei der Freifallwasserrutschbahn mit 60° Neigung habe ich die Uhr versehentlich verloren. Ansonsten erledigt der vivokeeper seinen Job gewissenhaft.

Den Pulsgurt habe ich zwischendurch mal an, doch bin ich ein Gelegenheitssportler und Training nach Vorschrift widerstrebt mir. Ich habe keine Lust nach Puls zu rennen, sondern renne so schnell ich Lust habe und mag. Daher auch hier: ein reines Gadget. Interessiert verfolge ich, wie der Puls bei kleinsten Steigungen ansteigt, um dann schnell wieder abzuflachen. Auch einen Conconitest konnte ich durchführen, oder den Maximalpuls austesten aber ernsthaft damit trainieren liegt mir nicht.

Materialqualität – der Langzeittest

Das Ding ist aus Plastik, aber dafür erstaunlich widerstandsfähig. Obwohl es Tag und Nacht, bei Schnee und Regen mein Begleiter ist, sieht sie immer noch jung und knackig aus. Einzig das Armband musste ich nach ca. 1.5 Jahren mal wechseln.

Brauche ich einen Fitnesstracker?

Um es kurz und bündig zu machen: nein brauche ich nicht. Ist es interessant: Ja sicher.

Seit mehr als zwei Jahren ist die VivoFit mein treuer Begleiter. In guten wie in schlechten Zeiten schmückt er mein Armband. Anfangs habe ich sie fast täglich synchronisiert und gespannt auf die Ergebnisse und die Statistiken gewartet. Mittlerweile muss ich aufpassen, dass ich das zwei-wöchige Gedächtnis überstrapaziere und so wichtige Messwerte verliere. Der Reiz hat sichtlich nachgelassen, übrig geblieben ist lediglich die Gewohnheit.

Ich leben ein klitzekleines bisschen bewusster und nehme seither immer die Treppe anstatt den Lift, um diese extra Schritte zu bekommen und um einen kleinen Beitrag für meine Gesundheit zu leisten.

Ich freue mich immer noch, wenn ich das Tagesziel erreiche, aber dafür Zusatzleistungen zu machen kommt mir nicht im Traum in den Sinn. Der rote Balken nervt, aber doch nicht so fest, dass ich mich deswegen bewegen würde. Wenn es gerade passt ok, ansonsten darf der Balken gerne rot bleiben.